Wann wussten Sie, dass Sie Künstler werden wollen?
Kreativität war schon in meiner Kindheit ein ständiger Begleiter. Stift und Pinsel waren meine liebsten Werkzeuge, doch wie so oft im Leben, traten andere Dinge in den Vordergrund. Berufliche Verpflichtungen und Familie forderten mich und so versiegte meine kreative Ader für lange Zeit. Ein schwerer Unfall und eine schwere Erkrankung meines Sohnes im Jahr 2015 und 2018 veränderten meinen Blick auf das Leben. In dieser dunklen Zeit fand ich in der Kunst einen Weg, um das Erlebte zu verarbeiten und meine Gefühle auszudrücken. Die Malerei wurde zu meinem Anker, einem Zufluchtsort, in dem ich Trost fand und meine Ängste überwinden konnte. In diesen Momenten der Kreativität erkannte ich die transformative Kraft der Kunst. Sie war mehr als nur ein Hobby – sie wurde zu einem wesentlichen Bestandteil meines Lebens, eine Quelle der Stärke und des inneren Friedens. Heute ist die Kunst nicht mehr aus meinem Leben wegzudenken. Sie ist ein ständiger Begleiter, welche mich immer wieder aufs Neue fordert und inspiriert. Wenn ich eine Weile nicht male, spüre ich ein Ungleichgewicht in meinem Inneren. Die Kunst ist für mich zu einer Notwendigkeit geworden, ein Ausdruck meiner Seele und meiner tiefsten Gefühle.
Welcher ist Ihr, noch lebender, Lieblingskünstler?
Die Frage nach meinem lebenden Lieblingskünstler ist nicht einfach zu beantworten, da meine Bewunderung für bestimmte Künstler stark von meinem aktuellen kreativen Prozess abhängt. Im Moment faszinieren mich jedoch zwei Künstler besonders. Zum einen ist da Edward Povey, dessen riesige Ölgemälde und philosophische Ansätze ich sehr bewundere. Seine Werke sind nicht nur visuell beeindruckend, sondern regen auch zum Nachdenken über die tieferen Fragen des Lebens an. Der zweite Künstler, der mich momentan sehr inspiriert, ist Robert Longo. Seine monumentalen, hyperrealistischen Kohlezeichnungen sind einfach überwältigend. Die Kraft und Dynamik seiner Werke, kombiniert mit seiner virtuosen Technik, ziehen einen sofort in ihren Bann. Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, seine Ausstellung zu besuchen, und war tief beeindruckt von der Bildmächtigkeit seiner Motive. Was beide Künstler für mich besonders auszeichnet, ist ihre hohe technische Versiertheit. Für mich ist die Beherrschung des Handwerks ein wesentlicher Bestandteil von Kunst. Sie ermöglicht es den Künstlern, ihre Visionen auf eine Weise auszudrücken, die uns Betrachter emotional berührt und intellektuell herausfordert.

Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit beim Betrachter hervorrufen?
Ich lade den Betrachter ein, über die Oberfläche hinauszuschauen und die tiefen Emotionen zu erfassen, die in meinen Werken mitschwingen. Meine Kunst soll die Wahrnehmung verändern und eine Welt mit mehr emotionaler Tiefe und Verständnis für das Wesentliche schaffen. Ich möchte, dass meine Bilder den Betrachter berühren und zum Nachdenken anregen. Sie sollen uns daran erinnern, dass wir alle miteinander verbunden sind und dass es mehr gibt, als das, was wir mit unseren Augen sehen können. Ich möchte eine Welt schaffen, in der wir uns wieder mit unserer eigenen Emotionalität verbinden und die Schönheit und Verletzlichkeit der Lebewesen um uns herum erkennen. Meine Kunst ist ein Ausdruck meiner eigenen Seele und meiner tiefsten Überzeugungen. Ich hoffe, dass sie auch andere Menschen dazu inspiriert, ihre eigene innere Welt zu erkunden und die Welt um sie herum mit neuen Augen zu sehen.
Was ist die interessanteste Interpretation, die Sie von Ihrer Arbeit gehört haben?
Eine der berührendsten Interpretationen meiner Arbeit erfuhr ich im Zusammenhang mit meinem Werk "Metamorphose", eine meiner frühen Arbeiten, die noch stark von Melancholie geprägt war. Das Bild zeigt einen riesigen Kokon, der kurz vor dem Aufreißen ist. Ein menschlicher Kopf wird sichtbar, wobei eine Gesichtshälfte Fröhlichkeit und Freundlichkeit ausstrahlt, während die andere Hälfte Ernsthaftigkeit und Trauer widerspiegelt. Eine Interpretation, die mich tief berührte, lautete: "Dieses Bild erklärt das Leben, das uns prägt und unseren Charakter formt." Diese Worte hallen in mir wider und bestätigen die Kraft der Kunst, Emotionen auszudrücken und den Betrachter auf einer tiefen Ebene zu berühren. Es ist faszinierend zu sehen, wie Menschen meine Werke interpretieren und welche Bedeutung sie darin finden. Jede Interpretation ist einzigartig und spiegelt die individuelle Erfahrung und Perspektive des Betrachters wider. Als Künstlerin ist es mein Ziel, Werke zu schaffen, die zum Nachdenken anregen und eine emotionale Verbindung zum Betrachter herstellen. Die Interpretation meines Werkes "Metamorphose" hat mir gezeigt, dass meine Kunst diese Fähigkeit besitzt und Menschen auf einer tiefen Ebene berühren kann.

Woher nehmen Sie Ihre Inspiration für Ihre Arbeiten?
Meine künstlerische Inspiration schöpfe ich aus einer tiefen Verbindung zu meinem inneren Selbst. Gedanken und Emotionen, die oft aus meinen persönlichen Beziehungen zu anderen Menschen entstehen, finden ihren Ausdruck in meinen Werken. Die Natur dient mir als eine weitere wichtige Inspirationsquelle. Ausgedehnte Spaziergänge mit meinen Hunden ermöglichen es mir, die Schönheit und Vielfalt der Umwelt aufzunehmen und in meine Kunst einfließen zu lassen. Darüber hinaus bereichern Reisen, Museumsbesuche und das Studium von Fachliteratur meine kreative Vision. Die Auseinandersetzung mit Werken anderer Künstler und die Erkundung neuer kultureller Kontexte erweitern meinen Horizont und eröffnen neue Perspektiven für meine eigene Arbeit.
Was ist das beste daran Künstler zu sein?
Das Schönste am Künstlertum ist die grenzenlose Freiheit, die Realität nach den eigenen Vorstellungen zu formen. Meine Fantasie kennt keine Grenzen und ich kann meine innere Welt ohne Rücksicht auf äußere Meinungen und Bewertungen zum Ausdruck bringen. Dabei ist es mir wichtig, meinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, auch wenn das Ergebnis für andere vielleicht ungewöhnlich oder gar verstörend wirken mag. Kunst ist für mich ein Ventil, um meine Emotionen zu verarbeiten und eine eigene, einzigartige Realität zu erschaffen. Es ist ein Geschenk, die Welt durch meine künstlerische Linse betrachten und interpretieren zu können. Dabei ist es nicht mein Ziel, immer nur "schöne" oder "angepasste" Werke zu schaffen. Manchmal entstehen auch düstere, herausfordernde oder unbequeme Kunstwerke, die aber dennoch einen wichtigen Teil meiner Gefühlswelt widerspiegeln. Als Künstlerin schätze ich die Möglichkeit, mit Konventionen zu brechen und neue Wege zu gehen. Es ist ein Privileg, meine eigene Stimme zu finden und damit vielleicht auch andere Menschen zu inspirieren oder zum Nachdenken anzuregen.

Können Sie Ihre Techniken und Ihren künstlerischen Schaffensprozess beschreiben?
Meine künstlerische Handschrift ist geprägt von einer ausdrucksstarken Farbgebung, die sowohl realistische als auch abstrakte Elemente vereint. Dabei lasse ich mich von meinen Emotionen leiten, wodurch jedes Werk zu einem Spiegelbild meiner inneren Welt wird. Der Schaffensprozess ist für mich eine spontane Reise, bei der das Bild sich im Laufe der Zeit entwickelt und verändert. Ich beginne oft mit einer vagen Vorstellung, lasse mich dann aber von meinen Gefühlen und Intuitionen treiben. Manchmal entstehen überraschende Wendungen und neue Ideen, die das Werk in eine unerwartete Richtung lenken. Eine Arbeit ist für mich dann vollendet, wenn es eine eigene Seele zu besitzen scheint. Es ist ein Moment der Erkenntnis, wenn ich spüre, dass das Werk mehr ist als nur Farbe auf Leinwand. Es ist ein Ausdruck meiner innersten Gedanken und Gefühle, der eine Verbindung zum Betrachter herstellen kann. Im Laufe der Zeit habe ich meine Technik verfeinert und bin zu einer mehrschichtigen Arbeitsweise übergegangen. Diese Methode ermöglicht es mir, flexibler und agiler zu sein und den gewünschten Ausdruck schneller zu erreichen. Es ist ein intuitiver Prozess, der es mir erlaubt, meine Kreativität frei fließen zu lassen.
Was war Ihr überraschendster Moment ihrer bisherigen Kunstkarriere?
Ein überraschender und zugleich wertvoller Moment meiner bisherigen künstlerischen Laufbahn war die Erkenntnis, dass ich voll und ganz auf meine Fähigkeiten vertrauen kann. Es war ein Augenblick der Klarheit, in dem ich erkannte, dass ich mit meinen Händen und meiner Fantasie meine innersten Vorstellungen nach außen tragen kann. Diese Erkenntnis war wie ein Geschenk, das mir zeigte, dass Kunst nicht nur ein Beruf, sondern eine Bereicherung für mein ganzes Leben ist. Sie schenkt mir innere Ausgeglichenheit und Zufriedenheit, die ich in keinem anderen Bereich gefunden habe. Dieser Moment der Selbstentdeckung ist für mich von unschätzbarem Wert und lässt sich mit kommerziellen Erfolgen nicht aufwiegen. Er hat mir die Gewissheit gegeben, dass ich meinen eigenen Weg gehe und dass ich mit meiner Kunst etwas bewegen kann. Es ist ein Privileg, meine Kreativität frei auszuleben und damit vielleicht auch andere Menschen zu inspirieren oder zu berühren. Die Kunst hat mein Leben reicher und erfüllter gemacht und ich bin dankbar für jeden einzelnen Moment, in dem ich meine Leidenschaft ausleben kann.

Welche Anschauung haben Sie auf unsere Welt und ihre Gesellschaft?
In unserer schnelllebigen, leistungsorientierten und oft oberflächlichen Welt, wünsche ich mir einen Wandel, der bereits in der Kindheit beginnt. Es geht darum, von starren Denkmustern abzuweichen und die individuelle Entfaltung unserer angeborenen Fähigkeiten zu fördern. Denn ich bin überzeugt, dass wir nur so eine tiefe innere Zufriedenheit erlangen können, die für unser psychisches Wohlbefinden unerlässlich ist. Aus meiner beruflichen und privaten Erfahrung weiß ich, wie wichtig es ist, die begrenzte Zeit, die wir haben, sinnvoll zu nutzen – mit Dingen, die uns guttun. Wer sich ausschließlich an den Maßstäben einer oberflächlichen und leistungsorientierten Gesellschaft orientiert, wird meiner Meinung nach nicht sein wahres Glück finden. Nur wer sich emotional von diesen Zwängen befreit, kann dieses echte Glück erfahren.
Welcher Aspekt des kreativen Prozesses gefällt Ihnen am besten?
Was mir am kreativen Prozess am besten gefällt, ist das Gefühl, vor einer leeren Leinwand zu stehen und die unendlichen Möglichkeiten zu spüren. Es ist wie die Aufregung eines Kindes an Weihnachten, die Erwartung, ob sich die Wünsche und Vorstellungen in etwas Sichtbares verwandeln werden. Diese Spannung bleibt bestehen, bis das Werk vollendet ist. Der gesamte Schaffensprozess ist für mich eine aufregende Reise, eine Mischung aus freudiger Erwartung und tiefer Entspannung. Es ist ein Wechsel zwischen Kontrolle und Loslassen, bei dem auch unerwartete Wendungen und "Pannen" ihren Platz haben. Oftmals sind es gerade diese unvorhergesehenen Ereignisse, die mich voranbringen und zu neuen, überraschenden Ergebnissen führen. Es ist die Freude am Entdecken und die Möglichkeit, etwas Neues zu erschaffen, die den kreativen Prozess für mich so besonders und lohnend machen.
Was sind Ihre nächsten Projekte, Ideen und Ausstellungen. Wo kann man Sie und Ihre Kunst zeitnah sehen?
Im Mittelpunkt meiner aktuellen Arbeit steht die Auseinandersetzung mit den alten Meistern und ihren Techniken. Daraus soll eine neue Werkreihe entstehen, die klassische und moderne Elemente vereint. Dabei reizt mich die Idee, traditionelle Bildthemen, wie beispielsweise religiöse Motive, in einem neuen, zeitgemäßen Kontext zu interpretieren. Diese Ideen sind allerdings noch in der Entwicklung und werden in den nächsten Monaten weiter ausgearbeitet. Sobald ich in diesem Zusammenhang neue Ausstellungen plane, werde ich diese auf meiner Website und Social Media veröffentlichen.
Verfügbare Werke und weitere Informationen finden Sie auf folgender Website:
www.angelahoechtl.at